Autor: Alexander Christian

Das erste Wochenende

1,5 Millionen Kirmesbegeisterte zeigten sich „reif für Crange“

Cranger Kirmes 2022: Das erste Kirmes-Wochenende

 

Volksfeste sind nach der über zweijährigen Pandemiepause wieder „in“. Vor allem die Cranger Kirmes, das größte Volksfest in NRW: Vom ersten Kirmestag am Donnerstag, 4. August, bis Sonntagabend, 7. August, rechnet die veranstaltende Stadt Herne mit rund 1,5 Millionen Besuchern auf dem ca. elf Hektar großen Rummelplatz am Rhein-Herne-Kanal. Am Donnerstag pilgerten 150.000 Besucher zu „ihrer“ Kirmes, am Freitag und Samstag zusammen ca. 900.000 – und am heutigen Sonntag war der Platz ab der Mittagzeit pickepacke voll.

 

Und die Gäste konsumieren auch. „Die Geschäfte laufen gut“, sagte am Sonntagmittag bei der ersten Zwischenbilanz-Pressekonferenz Patrick Arens. Der Vize-Präsident des Bundesverbandes Deutscher Schausteller und Marktkaufleute notierte an den ersten drei Tagen „auf Crange“ auch, dass „unsere Gäste wieder jünger werden. Crange ist zurzeit der Hit auf allen Social-Media-Kanälen. Ein Fahrgeschäft wie der Breakdance zum Beispiel wird so stark angenommen, als wenn es neu wäre“. Auch Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, schlug am Sonntag in diese Kerbe: „Wir Schausteller zeigen, was für eine starke Wirtschaftskraft wir sind.“ Dann bedankte sich der Essener noch einmal ausdrücklich bei allen Anwohnern rund um den Festplatz für deren Geduld und Verständnis und lobte zudem den Cranger-Kirmes-Festumzug am Samstag: „Sensationell. Einzigartig.“

 

„Eine ruhige und sichere Kirmes“
Superlative, die auch Dr. Frank Burbulla benutzte: „Die Menschen sind reif für Crange gewesen. Das zeigen die Besucherzahlen, aber auch die gelöste Atmosphäre auf dem Platz, bei der offiziellen Eröffnung am Freitag oder beim Festumzug am Samstag. Bisher war es eine ruhige und sichere Kirmes“, so Hernes Kirmesdezernent, der ebenfalls „viele, viele junge Menschen hier auf dem Platz“ sah. Auch das neue Mobilitätskonzept greift, dazu gehören unter anderem vier bewachte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder „mit extrem hohen Nutzungszahlen“, so Burbulla, sowie ausgewiesene Stellflächen für E-Scooter.

 

Digitale Infotafeln zur Lenkung des Besucherstroms
Trotz des hohen Besucheraufkommens am Freitag und Samstag hat es bisher auf dem Platz kaum Staus gegeben. Eduard Belker, stellv. Leiter des Fachbereiches Öffentliche Ordnung: „Dies ist auch das Resultat des Einsatzes unserer neuen digitalen Infotafeln, die über sieben Kameras gefüttert werden. Damit lenken wir den Besucherstrom und können unsere Gäste bei einem Engpass an einer Kreuzung zum Beispiel bitten, nicht nach links, sondern nach rechts zu gehen.“ Engpässe, und das freut die Schausteller, gab es bisher auch an den rund 50 Fahr- und Laufgeschäften. „Sie werden ohne Ausnahme alle stark frequentiert“, so Belker. Die Favoriten der Crange-Besucher seien an den ersten drei Kirmestagen die „Wilde Maus XXL“, „Apollo 13“ sowie die Neuheit „Heidi the Coaster“ gewesen.

 

Auf- und Abfahrten der A 42 wurden gesperrt
Zum guten Gesamteindruck trägt auch die Bilanz der Sicherheits- und Rettungskräfte bei. „Von der Polizeiseite aus gesehen war es bisher eine reibungslose Kirmes“, so der 1. Polizeihauptkommissar Michael Bloch. Nur der Parksuchverkehr bereite ihm und seinen Kollegen Sorgen: „Es kommen immer noch zu viele Besucher mit dem eigenen Pkw.“ Daher mussten am Samstag beide Auf- und Abfahrten der A 42 (Herne-Crange und -Wanne) gesperrt werden, ebenso am Freitag und Samstag die Heerstraße an der Kreuzung zur Corneliusstraße. Michael Bloch: „Es wird immer wieder Verkehrsstörungen aus Anlass der Kirmes geben. Daher empfehlen wir dringend die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.“ Die Feuerwehr zählte in diesem Jahr an den ersten drei Kirmestagen 25 rettungsdienstliche Einsätze gegenüber 20 im Vergleichszeitraum des Jahres 2019. „Trotzdem war es für uns ein sehr ruhiges Wochenende“, so Hernes Feuerwehrchef Marco Diesing. Thomas Jarolim berichtete als Einsatzleiter des DRK von „durchschnittlichen“ Einsatzzahlen und keinen Auffälligkeiten: „Auch die Wespen halten sich nach unserem Eindruck bisher zurück.“

 

Die Cranger Kirmes 2022 läuft noch bis zum Sonntag, 14. August.

Gedränge am Cranger Tor: Bis zum Sonntagabend um 24 Uhr rechnen die Verantwortlichen mit 1,5 Mio. Besuchern. Foto: Stadtmarketing Herne, Isabel Diekmann

Alles dreht sich: Die Fahrgeschäfte auf der Cranger Kirmes wurden bisher alle stark frequentiert – nicht nur das Kettenkarussell und das Riesenrad. Foto: Stadtmarketing Herne, Isabel Diekmann

Das Feuerwerk am Freitagabend ließ den Himmel über Crange leuchten. Für die Schausteller ist es ein unverzichtbarer Teil der Kirmes und für viele Besucher einfach: „Crange ist Liebe!“
Fotos: Stadtmarketing Herne, Isabel Diekmann

Festumzug

Rekordbesuch beim Festumzug der Cranger Kirmes 2022

Etwa 150.000 Schaulustige jubeln den Mottowagen und Fußgruppen zu

 

„Reif für Crange“. Das Motto der Cranger Kirmes 2022 wurde am Samstag, 6. August, beim traditionellen Festumzug noch getoppt. „Wir sind überreif für Crange“, hieß es für ca. fünf Stunden an der Hauptstraße zwischen Eickel und Crange. Etwa 150.000 Schaulustige verwandelten die knapp 3,7 Kilometer in einzige Partymeile, der beste Besuch seit Jahrzehnten. Und auch die Stimmung schwappte überall über, es wurde geschunkelt und getanzt. Vor allem zwischen Eickel und Wanne-Mitte, wo Hernes Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda von einer kleinen Bühne den etwa 3.800 Teilnehmenden zujubelte, war es so voll wie noch nie. Dementsprechend zog Zugleiter Michael Torkowski vom Fachbereich Öffentliche Ordnung ein positives Fazit: „Es ist alles gut abgelaufen. Nur zum Schluss, bei der Zugauflösung, gab es kleinere Herausforderungen für uns.“

 

Die knapp über 100 Mottowagen und Fußgruppen boten den Schaulustigen ein farbenfrohes Bild, immer wieder gespickt mit Sprüchen, die alle ausdrückten, wie sehr die Cranger Kirmes in den vergangen zwei Jahren vermisst wurde. Ob „Crange ist auferstanden“ oder „Crange ist Sehnsucht“, ob „Endlich wieder im Himmel. Denn ohne Crange ist die Hölle“ oder „Crange ist so bunt wie das Meer“ – der Phantasie der Vereine und Organisationen waren keine Grenzen gesetzt.

 

„Kirmespiraten“ und „Südlichter“ beeindrucken die Jury

Der gesamte Zug war bunt, fröhlich, kreativ, laut und keine einzige Sekunde langweilig. Nur musikalisch war die Auswahl etwas eingeschränkt: „Gibt es außer Layla eigentlich noch ein anderes Lied?“, fragte Moderator Oliver Grabowski, als der gefühlt 17. Mottowagen den Mallorca-Sommerhit anstimmte.

 

Ganz andere Töne waren vom Wagen der „Kirmespiraten“ zu hören. Mit Glockengeläut bog er vor der dreiköpfigen Jury ein, die den originellsten Festwagen und die attraktivste Fußgruppe nominieren durfte. Gleichzeitig standen die „Piraten“ aufgereiht wie an einer Schnur auf ihrem Wagen, hatten die Hand aufs Herz gelegt und gedachten so ihrem kürzlich verstorbenen Mitglied Achim. Gänsehaut pur – und der 1. Preis bei den Mottowagen vor den einfallsreichen Fußballern des SV Holsterhausen („Crange ist auferstanden“) und den „Wanner Blagen“ („Endlich wieder im Himmel. Denn ohne Crange ist die Hölle“). Bei den Fußgruppen setzte die Jury die „Herner Südlichter“ auf den 1. Platz. Die Selbsthilfegruppe aus dem Herner Süden präsentierte sich als bunter Obstteller. Platz 2 ging an das Team des Herner LWL-Museums für Archäologie mit „God save the Stones“ – womit nicht Mick Jagger und Co., sondern natürlich die aktuelle Ausstellung zu „Stonehenge“ gemeint war. Dritter wurde die Gesellschaft zur Förderung der Integrationsarbeit in Herne (gfi) mit ihren Regenschirmen zum Thema „Crange ist so bunt wie das Meer“.

 

Verzögerungen bei der Auflösung des Zuges

Bei der Auflösung des Cranger Kirmes-Festumzuges an der Unser-Fritz-Straße kam es sowohl in Richtung Heidstraße als auch in Richtung Lutherkirche zu längeren Verzögerungen und einem großen Rückstau. Werner Friedhoff, Leiter des Fachbereiches Öffentliche Ordnung: „Die Polizei überprüfte die Mottowagen auf ihre Zulässigkeit für den öffentlichen Straßenverkehr. Diese Maßnahme ist komplett rechtens, aber bisher war das anders und nicht üblich. Vor allem die Zugteilnehmer waren davon sehr überrascht.“

 

Die Prämierung der drei originellsten Festwagen und Fußgruppen findet am kommenden Montag, 8. August, ab 19 Uhr bei der Veranstaltung „Engagiert in Herne“ in der Cranger Festhalle statt. Peter Großmann, Sportmoderator im ARD-Morgenmagazin, führt durch das bunte Programm des Abends, der auch ein Dankeschön an rund 1.000 Ehrenamtliche in Herne und Wanne-Eickel ist.

Sieger bei den Fußgruppen: Die „Herner Südlichter“ präsentierten sich als bunter Obstteller.

Foto: Stadtmarketing Herne, Isabel Diekmann

Sieger bei den Festwagen: Die „Kirmespiraten“, die in diesem Jahr 20 Jahre alt werden, gedachten nicht nur mit T-Shirts ihrem kürzlich verstorbenen Mitglied Achim.

Foto: Stadtmarketing Herne, Isabel Diekmann

Gedränge am Straßenrand: Etwa 150.000 Schaulustige standen an der Hauptstraße zwischen Eickel und Crange – Rekordbesuch.

Foto: Stadt Herne, Thomas Schmidt

Die offizielle Eröffnung

„Sie haben durchgehalten und dabei echte Solidarität gezeigt. Glückauf Crange!“

„Hello Again!“ Treffender als mit seinem ersten Lied hätte Stargast Howard Carpendale die Stimmung der über 2.000 Besucher in der Cranger Festhalle nicht ausdrücken können. „Da sind wir wieder. Endlich!“ Das hatte kurz vor dem umjubelten Auftritt des Schlagerstars auch Dr. Frank Dudda gesagt, als der Herner Oberbürgermeister die Cranger Kirmes 2022 um 14.45 Uhr mit den magischen Worten „Piel op no Crange“ offiziell eröffnete. Und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas setzte noch einen drauf: „Ich bin ein Kind des Ruhrgebietes. Was gibt es da Schöneres, als nach schwierigen zweieinhalb Jahren, in denen die Schausteller-Branche arg gebeutelt wurde, das größte Volksfest in NRW zu eröffnen. Sie, die Schausteller, haben das hier heute möglich gemacht. Sie haben durchgehalten und dabei echte Solidarität gezeigt. Glückauf Crange!“, rief die Duisburgerin ins aufgeheizte Festzelt, das nach ihr Howard Carpendale zum Beben brachte.

 

Beim Volksfest am Rhein-Herne-Kanal ist es Tradition, dass am ersten Freitag im August die offizielle Eröffnung gefeiert wird. Die Karussells drehten sich bereits am Donnerstag (4. August) ab 16 Uhr, gut 150.000 Besucher zählte der Veranstalter bei bestem Kirmeswetter. Auch die Schausteller sowie die Polizei zeigten sich mit dem Auftakt zufrieden: Bei den einen (Schausteller) war eine Menge los, bei den anderen (Polizei) alles ruhig, „außergewöhnlich ruhig sogar“, so Polizei-Pressesprecher Frank Lemanis.

 

Ein Sommermärchen an der Ruhr
„Reif für Crange“ lautet in diesem Jahr das Motto der Cranger Kirmes. Und was sich dahinter verbirgt, zeigte sich am Freitag: Tradition – Fahnenabordnungen der deutschen Schaustellerverbände zogen ins Zelt ein –, überschäumende gute Laune und eine gehörige Portion Stolz. „Bis zum 14. August schlägt das Herz der Region hier in Crange. Für elf Tage ist Crange jetzt unser Zuhause. Wir hoffen auf eine unvergessliche Kirmes, auf ein Sommermärchen an der Ruhr“, sagte Dr. Frank Dudda bei der Begrüßung der über 2.000 Gäste im Festzelt, darunter auch die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne).

 

Hernes Oberbürgermeister fordert gegenseitigen Respekt ein
Der Dank des Herner Oberbürgermeisters ging danach an Schausteller, Anwohner, Rettungs-, Sicherheits- und Hilfskräfte, für die er „Respekt einforderte“: „Ich will keine Klagen hören“, so Dudda, denn „wir alle wollen hier Urlaub vom Alltag machen. Und dazu gehört der gegenseitige Respekt“. Was folgte, war sein gelungener Fassanstich mit nur drei Schlägen, die symbolischen Worte „Piel op no Crange“, begleitet von Konfettiregen und Böllerschüssen, die Übergabe eines riesigen Lebkuchen-Herzens mit dem Motto „Wanner Kiez“ an Bärbel Bas – und dann kam Howard Carpendale.

 

Howard Carpendale: „Ich bleibe noch ein bisschen“
Nach „Hello Again“ sagte er noch „Ti Amo“, besang „Das schöne Mädchen von Seite 1“, lebte „Tür an Tür mit Alice“ und hatte sichtlich gute Laune: „Ich bin aus Südafrika. Als ich mich informierte, wo ich heute bin, hörte ich zuerst Herne, dann Wanne-Eickel. Quatsch, ich bin auf Crange.“ Und auch die sicher nicht ernst gemeinte Bitte der Veranstalter, die Gäste nicht so lange im Festzelt zu halten, damit sie auf dem Platz Geld ausgeben, nahm er sehr locker: „Mir macht es Spaß hier, also bleibe ich noch ein bisschen.“ Sagte es, sang im Chor mit den über 2000 Gästen „Nachts, wenn alles schläft“ und verließ erst nach einer Zugabe und einer 50-minütigen Show der Extraklasse die Bühne.

 

Am morgigen Samstag, 6. August, folgt bereits der nächste Höhepunkt im Programm der Cranger Kirmes 2022. Ab 10.30 Uhr werden zum Festumzug mit ca. 3.800 Teilnehmern am Straßenrand zwischen Eickel und Crange etwa 100.000 Schaulustige erwartet.

Howard Carpendale bot eine Show der Extraklasse. „Die beste Eröffnung seit Jahren“, war die einhellige Meinung der über 2.000 Besucher in der Cranger Festhalle.

Nach dem gelungenen Fassanstich im Konfettiregen: Kirmespferd Fritz, Hernes OB Dr. Frank Dudda, Festwirt Jan Patrick Wolters, Markus Heynicke (Warsteiner Brauerei) und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Sie ließ sich von der ausgelassenen Stimmung in der Cranger Festhalle anstecken: Mona Neubaur, stellv. Ministerpräsidentin von NRW, mit Hernes Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda.

Alle Fotos: Stadtmarketing Herne GmbH, Isabel Diekmann